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Hermann Barth, Evangelische Kirche und freiheitliche Demokratie... Vor einigen Monaten erschien, herausgegeben von Friedrich Wilhelm Graf, ein bemerkenswertes Dokument der Nachkriegsjahre erstmals nach ueber 50 Jahren im Druck (M. Dibelius, Selbstbesinnung des Deutschen, Tuebingen 1997). 1946 hatte Martin Dibelius, namhafter liberaler Theologe und Neutestamentler an der Evangelisch-Theologischen Fakultaet in Heidelberg, unter dem Titel "Selbstbesinnung des Deutschen" eine historisch-theologische Analyse der Schuld der Deutschen angefertigt. Darin ist unter anderem zu lesen: "Die Beseitigung der Monarchie [1918/19] wurde von den kirchlichen Kreisen meist als Vergehen gegen die christliche Ordnung aufgefaßt. Die republikanische Staatsform sei, so meinte man, nichts fuer Deutschland; das habe der Gang der Geschichte von 1848-1870 erwiesen. Man dachte ungefaehr: Durch Gottes Fuehrung kam das Kaiserreich zustande, durch der Menschen Suende der Volksstaat. Zu diesem allgemeinen Ressentiment gesellte sich die Erfahrung: Republik bedeutete, wie man an Frankreich zu sehen glaubte, Entkirchlichung [ ... ] Gerade evangelisch-kirchliche Laienkreise waren zum guten Teil der alten Armee verbunden durch Offiziers- und Reserveoffiziersstellungen. Es waren diese Schichten, die nach Kraeften bemueht waren, die Weimarer Republik in den Staub zu ziehen" (S. 25f). Protestantismus und republikanisch-demokratische Gesinnung waren sich nicht ueberall so fremd. Aber jedenfalls in Deutschland war nach den katastrophalen Folgen der Distanz, ja Feindseligkeit gegenueber der Weimarer Republik die Klaerung der Beziehung des Protestantismus zur freiheitlichen, demokratischen Ordnung ueberfaellig. Spaet, aber nicht zu spaet hat die Evangelische Kirche in Deutschland mit ihrer Demokratiedenkschrift von 1985 eine Bilanz dieses Klaerungsprozesses gezogen und die Klaerung zu einem Abschluß gebracht. Das Ergebnis lautet: "Als evangelische Christen stimmen wir der Demokratie als einer Verfassungsform zu, die die unantastbare Wuerde der Person als Grundlage anerkennt und achtet. Den demokratischen Staat begreifen wir als Angebot und Aufgabe fuer die politische Verantwortung aller Buerger und so auch fuer evangelische Christen. In der Demokratie haben sie den von Gott dem Staat gegebenen Auftrag wahrzunehmen und zu gestalten" (S. 12). Zum ersten Mal erfaehrt mit dieser Demokratiedenkschrift die Staatsform der liberalen Demokratie eine so eingehende positive Wuerdigung in einer Stellungnahme der evangelischen Kirche. Darin wird ueber einen bedeutsamen Wandel im evangelischen Verstaendnis des Staates Rechenschaft abgelegt. Die Zustimmung zur demokratischen Staatsform schließt die Ueberzeugung ein, daß die politische Ordnung weiterhin verbesserungsfaehig und verbesserungsbeduerftig ist. .... Deutsche Muslim-Liga Bonn e.V. - 1422 / 2001 |