Startseite/Home der DMLBonn e.V. Aus dem Archiv, von der Pressestelle der DMLBonn e.V. Reise nach Mekka: TawafUnter den Fuessen spuere ich den kuehlen Marmor, gemeinsam mit vielen anderen gehe ich diesen Weg und ich weiss, dass seit Jahrhunderten, vielleicht Jahrtausenden viele andere vor mir gegangen sind und viele andere nach mir gehen werden. Siebenmal gehen wir um das Zentrum der Stille, die Kaaba. Ein ebenmaessiger Wuerfel, schwarz verhaengt, innen leer. Ich denke an das Auge eines Zyklons, auch dort herrscht absolute Ruhe in der Mitte, waehrend sich die Winde darum drehen. Dort ist es nur ein zeitweises Zentrum der Stille, hier ist es die Quelle aller Kraft die in eine andere Dimension fuehrt und dennoch naeher ist "...dir naeher ist als deine Halsschlagader". Und um diese Leere aus der die Sterne geboren werden, dreht sich das Rad des Lebens. Frauen, Maenner, junge Leute, alte Leute, Kinder, Menschen die in Rollstuehlen geschoben werden, getragen werden. "Allahu akbar!" ruft ein kraeftiger aelterer Mann neben mir mit einem Buechlein in der Hand und eine ganze Gruppe hinter ihm spricht nach "Allahu akbar!" und wiederholt seine weiteren Ausrufe. Woher moegen sie kommen? So viele Nationen sind hier. Manche Maenner in Pilgerkleidung - mit zwei ungenaehten weissen Tuechern, Frauen in weiss, in schwarz, aber auch mit verschiedenfarbigen Gewaendern. Ein kleines mandelaeugiges Maedchen wird diesen Weg getragen und lugt ueber die Schulter seines Vaters. Weiss sie schon, was hier geschieht? Vielleicht besser als wir, die wir immer noch darueber nachdenken muessen! Manche Menschen gehen selbstvergessen fuer sich allein, manche Freunde, Freundinnen, Ehepaare, Verwandte halten sich aneinander fest, um sich nicht gegenseitig zu verlieren. Manche draengeln ein wenig, andere suchen ruhig ihren Weg. Wenn ihre letzte Runde vorbei ist, verlassen sie den Kreislauf, gehen hinaus, andere kommen dazu. Ein staendiges Kreisen, Tag und Nacht - Tawaf - am Tage von den fuenf Gebetszeiten unterbrochen, dann wenden sich alle der Mitte zu, ein Innehalten auf dem Lebensweg, sich rueckbesinnen - sich erinnern an die Quelle all dessen was ist, das Urprinzip allen Seins und bewusst Kontakt damit aufnehmen wollen. Am schwarzen Himmel sieht man die Sichel des abnehmenden Mondes, hier im Sueden liegt sie ganz auf dem Ruecken, wie ein Koerbchen. Die Sterne werden ueberstrahlt von den erleuchteten Minaretten, ueberall glaenzt der helle Marmor. Vor mir hat sich ein riesiger Nachtfalter auf die Schulter einer weissgekleideten Frau gesetzt. Wie eine grosse Schleife. Sie bemerkt ihn nicht, ist ganz vertieft in ihr Gebet. Zwei junge afrikanische Frauen gehen Hand in Hand und plaudern leise dabei. Eine alter Mann im Rollstuhl betet mit erhobenen Haenden und er hat Traenen in den Augen. Ich bin in Mekka! Wahrhaftig, ich bin in Mekka!
Dr. Latifah Damm Deutsche Muslim-Liga Bonn e.V. - 1422 / 2001 |