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Aus dem Archiv, von der Pressestelle der DMLBonn e.V.


Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Zentralrat der Juden in Deutschland

Berlin, 27.01.2003


Vertrag

zwischen der Bundesrepublik Deutschland,

vertreten durch den Bundeskanzler,

und

dem Zentralrat der Juden in Deutschland

- Koerperschaft des oeffentlichen Rechts -,

vertreten durch

den Praesidenten

und die Vizepraesidenten



Praeambel

Im Bewusstsein der besonderen geschichtlichen Verantwortung des deutschen Volkes fuer das juedische Leben in Deutschland, angesichts des unermesslichen Leides, das die juedische Bevoelkerung in den Jahren 1933 bis 1945 erdulden musste, geleitet von dem Wunsch, den Wiederaufbau juedischen Lebens in Deutschland zu foerdern und das freundschaftliche Verhaeltnis zu der juedischen Glaubensgemeinschaft zu verfestigen und zu vertiefen, schliesst die Bundesrepublik Deutschland mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland folgenden Vertrag:


Artikel 1

Zusammenwirken

Die Bundesregierung und der Zentralrat der Juden in Deutschland, Koerperschaft des oeffentlichen Rechts, der nach seinem Selbstverstaendnis fuer alle Richtungen innerhalb des Judentums offen ist, vereinbaren eine kontinuierliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit in den Bereichen, die die gemeinsamen Interessen beruehren und in der Zustaendigkeit der Bundesregierung liegen. Die Bundesregierung wird zur Erhaltung und Pflege des deutsch-juedischen Kulturerbes, zum Aufbau einer juedischen Gemeinschaft und zu den integrationspolitischen und sozialen Aufgaben des Zentralrats in Deutschland beitragen. Dazu wird sie den Zentralrat der Juden in Deutschland bei der Erfuellung seiner ueberregionalen Aufgaben sowie den Kosten seiner Verwaltung finanziell unterstuetzen.


Artikel 2

Staatsleistung

(1)  Zu den in Artikel 1 genannten Zwecken zahlt die Bundesrepublik Deutschland an den Zentralrat der Juden in Deutschland jaehrlich einen Betrag von

3.000.000 €,

beginnend - unabhaengig vom Inkrafttreten des Vertrages - mit dem Haushaltsjahr 2003.

(2)  Die Vertragsschliessenden werden sich nach Ablauf von jeweils fuenf Jahren
- beginnend im Jahr 2008 - hinsichtlich einer Anpassung der Leistung nach Absatz 1 verstaendigen. Sie sind sich darueber einig, dass die Entwicklung der Zahl der vom Zentralrat repraesentierten Gemeindemitglieder ein wichtiges Kriterium bei der Berechnung der Leistungsanpassung darstellt.


Artikel 3

Zahlungsmodalitaeten

Die Leistung wird 2003 in einer Summe, ab 2004 mit je einem Viertel des Jahresbetrages jeweils zum 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November gezahlt.


Artikel 4

Pruefung der Verwendung der Mittel

Der Zentralrat der Juden in Deutschland weist die Verwendung der Zahlung jaehrlich durch eine von einem unabhaengigen vereidigten Wirtschaftspruefer gepruefte Rechnung nach. Die Rechnung und der Bericht des Wirtschaftspruefers sind der Bundesregierung vorzulegen.


Artikel 5

Weitere Einrichtungen des Zentralrats

(1)  Der Bund wird darueber hinaus auch zukuenftig die bisher gefoerderten Einrichtungen des Zentralrats der Juden in Deutschland - Hochschule fuer Juedische Studien und Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland, beide mit Sitz in Heidelberg - auf freiwilliger Basis unterstuetzen.

(2)  Die Foerderung der Hochschule fuer Juedische Studien erfolgt derzeit mit einem Bundesanteil von 30 Prozent im Einvernehmen mit den Laendern.

(3)  Das Zentralarchiv wird vom Bund institutionell gefoerdert auf der Grundlage der vorgelegten Wirtschaftsplaene.

(4)  In beiden Faellen handelt es sich um vom Bund jaehrlich festzulegende Zuwendungen im Sinne des Bundeshaushaltsrechts nach den Vorgaben des Haushaltsgesetzgebers.


Artikel 6

Ausschluss weiterer Leistungen

(1)  Der Zentralrat der Juden in Deutschland wird ueber die in Artikel 2 und 5 gewaehrten Leistungen hinaus keine weiteren finanziellen Forderungen an die Bundesrepublik Deutschland herantragen.

(2)  Auf besonderer Grundlage moegliche oder bestehende Leistungen an die juedische Gemeinschaft auf Bundesebene bleiben durch diesen Vertrag unberuehrt, insbesondere staatliche Leistungen fuer die Integration juedischer Zuwanderer aus den GUS-Staaten und fuer die Pflege verwaister juedischer Friedhoefe auf der Grundlage der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Laendern vom 21. Juni 1957.


Artikel 7

Vertragsanpassung

Die Vertragsschliessenden sind sich bewusst, dass die Festlegung der finanziellen Leistungen dieses Vertrages auf der Grundlage der derzeitigen Verhaeltnisse erfolgt. Bei einer wesentlichen Veraenderung der Verhaeltnisse werden sich die Vertragsschliessenden um eine angemessene Anpassung bemuehen.


Artikel 8

Freundschaftsklausel

Die Vertragsschliessenden werden etwa in Zukunft auftretende Meinungsverschiedenheiten ueber die Auslegung dieses Vertrages in freundschaftlicher Weise beseitigen.


Artikel 9

Zustimmung des Deutschen Bundestages,

Inkrafttreten

(1)  Der Vertrag bedarf der Zustimmung des Deutschen Bundestages durch ein Bundesgesetz.

(2)  Er tritt am Tag des Inkrafttretens des Gesetzes, mit dem diesem Vertrag zugestimmt wird, in Kraft.


Berlin, den 27. Januar 2003



Quelle: Pressemitteilung des Bundesministerium des Inneren, Juni 2003

 

Ein Streiflicht auf den Staatsvertrag aus einem Beitrag von Y. Michael Bodemann:

Die Landstriche Deutschlands sind fuer viele Juden nicht laenger nur Diaspora

Aus der alten Stagnation hat sich ein plurales juedisches Leben innerhalb und ausserhalb der 'Einheitsgemeinden' gebildet - ... Diese Neubelebung geht im wesentlichen auf fuenf Faktoren zurueck. Der erste grundlegende Faktor ist der der staatlichen, politischen, gesellschaftlichen und finanziellen Alimentierung der organisierten juedischen Gemeinschaft in Deutschland. Nehmen wir Berlin als Beispiel. Von dem 47 Millionen schweren Etat der Gemeinde erhielt sie im Jahre 1997 von der Stadt - vor allem fuer Schulen und Kindergaerten, die allerdings oft auch nichtjuedischen Institutionen zustaenden - 44 Millionen vom Senat und anderen oeffentlichen Quellen; nur etwa drei Millionen kommen aus dem eigenen Steueraufkommen durch die Gemeindemitglieder. Es kann auch kein Zweifel bestehen, dass die juedische Gemeinschaft von der Frage der Einwanderung, der Baugenehmigungen und kulturellen Projekte bis zu Genehmigungen von Strassenfesten das besondere Wohl der Behoerden geniesst. Den mehreren Millionen Muslimen in Deutschland werden in keiner Weise vergleichbare Konzessionen zuteil.

Y. Michael Bodemann, Professor fuer Soziologie an der Universitaet Toronto.

Quelle: Juedisches Leben in Deutschland. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, 53. Jahrgang, Nr. 31-32, Berlin, 28.Juli / 4. August 2003, S. 10



Deutsche Muslim-Liga Bonn e.V. - 1424 / 2003