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05.06.2006
Eine neue Verständigung aufs "Wir"
ist notwendig
Die deutsche Bundestagsabgeordnete Lale Akgün sagte, dass die
Politik sich werbend verhalten und den Migranten das
Gefühl der Zugehörigkeit zu dieser Gesellschaft geben solle statt immer nur
Integration zu fordern.
Fotos: Lale
Akgün, Holger Haibach, Annette Mehlhorn, Murat W. Hofmann auf dem Podium Erste Reihe des Publikums Untertext:
Lale Akgüns Äußerung
"Wenn mich jemand fragt, was meine Lieblingsfrage aus dem Gesinnungstest
sei, dem antworte ich: 'Sie stellen fest, dass ihr Nachbar eine Bombe baut. Was
machen sie?' kennzeichnet die Art der Diskussion. Gürsel
Köksal
Frankfurt
Die sozialdemokratische
Bundestagsabgeordnete Lale Akgün
hat bei der unter dem Titel "Gerechtigkeit hat viele Gesichter" an
der Evangelischen Akademie Arnoldshain stattfindenden
christlich-muslimischen Konferenz für die Zukunft eine neue Verständigung aufs
"Wir" gefordert. Bei der in diesem Jahr zum 18. Mal am Pfingstfest stattfindenden
viertägigen Konferenz kam es am ersten Tag zu einem Podiumsgespräch mit Akgün, dem CDU-Bundestagsabgeordneten Holger Haibach, dem
Vorstandsmitglied des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) Dr. Murat Wilfried Hofmann, Raschid Bockelmühl
von der Muslim-Liga und Dr. Annette Mehlhorn von der Evangelischen Kirche. Bei
diesem ersten Programmpunkt wies die Direktorin des Instituts für Medienveranwortung (MV), Dr. Sabine Schiffer auf die
Schwierigkeiten einer Gleichbehandlung aller Religionen für den inneren Frieden
und das Zusammenleben in Europa und Deutschlands hin. Dr. Akgün betonte auf der Versammlung, das
eine volle Staatsbürgerschaft nicht an einer Identität unterschiedlicher
ethnischer, religiöser oder kultureller Zugehörigkeit scheitern dürfe und dass
um dies zu verwirklichen, das dazu notwendige "Wir-Gefühl" der Migranten in diesem Land gestärkt werden müsse. Die Diskussion um die Integration und zuallererst um den
"Gesinnungstest" zeige, dass hinter ethnischen und religiösen
Zuschreibungen unterschiedliche Probleme und soziale Fragestellungen versteckt
würden, kritisierte Akgün und erinnerte daran, dass
man Integration nicht einfordern, sondern sie anziehend gestalten solle. Akgün wies darauf hin, dass wenn man den Menschen mit der
Aufforderung "Ihr müsst Deutsch lernen!" komme, so würde das in
seiner Konsequenz das Gegenteil bewirken. "So etwas führt weder zu
Integration noch zu Assimilation", sagte sie. Sie erinnerte auch daran,
wie wichtig die Politik symbolische Handlungen nehmen müsse. Es sei notwendig,
den Migranten eine Botschaft "Wir haben keine
Angst vor euch, ihr gehört zu uns, ihr sei ein Teil dieser Gesellschaft"
zukommen zu lassen. Wenn dieser Weg weiter verfolgt werde, könnten die Menschen
dann endlich beruhigt ihre gepackten Koffer für die Rückkehr aufgeben. Ein interessanter Boykott von der CDU
Diese Konferenz, die von
Wolfgang Schäubles Innenministerium gefördert wird, und an der das CDU-Mitglied
Haibach als Redner teilnahm, wurde von einem anderen CDU-Mitglied boykottiert.
Der Brief der CDU-Abgeordneten, auf der sie es ablehnte, auf demselben Podium
zu erscheinen wie Vorstandsmitglieder des ZMD, die vom Verfassungsschutz
beobachtet würden, wurde ohne Namensnennung vorgelesen. Hinterher wurde
bekannt, dass es sich um die Abgeordnete Christina Köhler handle. Das an der
Tagung teilnehmende CDU-Mitglied Haibach wies darauf hin, dass die Tagung von
Innenministerium unterstützt würde. Die SPD-Politikerin Akgün
erinnerte daran, dass sich die Muslime Deutschlands daran gemacht hätten,Landesvertretungen zu bilden, und stellte
ihre eigene Herangehensweise vor: "Zuerst muss man alle Verbände an einen Tisch bringen. Als zweiten
Schritt, wenn sie zusammengekommen sind, muss man sich über die Spielregeln
verständigen, sich auf die demokratischen Grundlagen einigen. Nachher erst kann
man diejenigen, die diese Grundlagen ablehnen und die Spielregeln nicht
einhalten, ausschließen." Auf der Konferenz wurden auch die Arbeitsergebnisse der von muslimischen, christlichen und jüdischen Frauen geschaffenen Initiative "Sarah und Hagar" vorgestellt. |