Gedanken von Taufiq Mempel in Verbindung mit der Christlich-Muslimischen Tagung
an Pfingsten 2003
As-Salamu aleikum wa Rahmatullahi wa Barakatuh
Der Friede sei mit Ihnen, der Segen und die Barmherzigkeit Gottes
Es war bei der letzten christlich-islamischen Tagung im Hedwig-Dransfeld-Haus in Bendorf
am Rhein im Jahre 2003, als wir uns wie immer in unserer selbst gestalteten
Fliegende Moschee zum Morgengebet trafen. Unser Vorsitzender der Deutschen Muslim-Liga Bonn,
Schech Bashir A. Dultz sagte noch: "Wenn Ihr dann noch unsere Rezitationen und Litaneien singt,
dann bitte die Tür der Moschee schließen, andere Tagungsteilnehmer wollen um diese Zeit noch
ihre Ruhe haben".
Also schlossen wir ausnahmsweise die Tür, die eigentlich immer geöffnet sein soll.
Und ich kann mich auch noch ganz genau erinnern, dass die Tür klemmte und nur mit einem kräftigen
Ruck geöffnet werden konnte, was mit entsprechenden Geräuschen verbunden war.
Also beteten wir und begannen danach mit unseren Aurad.
Es senkten sich die Blicke in Sammlung und Entspannung, als ich plötzlich einer jungen Frau gewahr wurde,
die unserem Kreis gegenüber am Fenster zwischen den beiden Ficusbäumen saß. Gekleidet war sie in ein orangenes
Hemd, einem olivfarbenen Kleid und einem Tuch auf Kopf und Schultern in der Farbe von Olivenöl. Ich war
überrascht und deutete meinem Nachbarn an, dass dort jemand saß. Noch zwei, drei anderen aus unserer Gruppe sahen sie.
Obwohl ich sie bei der Tagung nicht gesehen hatte, wollte ich sie durch Blicke auffordern, sich unserem Kreis
anzuschließen, dem ja auch Christen und Christinnen angehörten. Aber sie schüttelte nur mit lächelnden Augen
langsam den Kopf, und doch schien sie traurig zu sein. Wir fuhren also fort mit unserem Gotteslob, und wieder
senkten sich unsere Blicke.
Nach einer Weile sah ich auf - und da war die Frau verschwunden, ohne dass die Tür aufgegangen wäre oder dass
es irgendein Geräusch gegeben hätte.
Zum Frühstück suchten und fragten wir dann nach der Frau des Morgengebetes, konnten sie aber nicht finden.
Ja, es hatte wochenlang gedauert, bis ich verstanden hatte, war uns da die Ehre ihres Besuches erwiesen hatte.
Die Traurigkeit in ihren Augen klärte sich bald auf, denn Bischof Marx von Trier ließ das Hedwig-Dransfeld-Haus
nach 80 Jahren Ökumene und interreligiösem Dialog wegen finanzieller Schwierigkeiten schließen, und er wollte gewiß
nur das Beste für sich, die Gemeinde und das Bistum, als er das tat. Doch ob er das Haus auch geschlossen hätte, wenn
er gewußt hätte, wer uns da besuchen kam, aber wer macht schon immer alles richtig?
Zum zweiten sollte sich unsere eifrige Gebetsrunde ebenfalls zum letzten Male in dieser Form getroffen haben, denn
viele Muslime und Christen verließen uns, und wollten nun nicht mehr Mitglied in einer muslimischen Organisation sein,
bei der systematischen Stimmungsmache gegen den Islam im Lande kein Wunder!
War es nun die zweifelhafte Wahrnehmung von Muslimen, deren Prophet der Welt angeblich "nur Schlechtes und Inhumanes brachte", dass sie Besuch von der gesegneten jüdischen Jungfrau aus dem Lande des Olivenbaumes und der Orangen bekamen? Auch scheint mir die Verwandtschaft der abrahamischen Religionen weniger auf genealogischer Ebene zu liegen als vielmehr auf geistiger Einheit.
Alfu Salam, Alfu Salam, Alfu Salam bi Qulubina - tausend, tausendfacher Friede in Euren und unseren Herzen, daß wir heute die Arbeit tun können, und zum sozialen und religiösen Frieden beitragen, in einem uns umgebenden Weltverständnis, das nicht sehen will, dass die Geschichte ohne Gott doch nicht aufgeht.
Taufiq Mempel
Deutsche Muslim-Liga Bonn/Berlin
im Ramadan 1427 / Oktober 2006
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