Deutsche Muslim-Liga Bonn e.V
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Aus dem Archiv, von der Pressestelle der DMLBonn e.V.
Europa muss multikulturell sein
von Israel Singer Die Welt, 30. Januar 2005
Israel Singer ist Vorsitzender des Juedischen Weltkongresses. Er warnt die Juden Europas davor, die Intoleranz gegenueber Muslimen zu dulden.
Die groesste Herausforderung fuer die Juden Europas besteht heute darin, den Dialog mit Christen und Muslimen zu verstaerken. Es ist nicht die juedische Art, aufzutrumpfen und sich ueber andere zu erheben. Juden passen sich ihrer Umgebung an und suchen den Dialog mit der Mehrheit und mit anderen Minderheiten. Und der Lackmustest einer Demokratie besteht nicht darin, dass sich die Mehrheit wohlfuehlt, sondern darin, dass sich die Minderheiten wohlfuehlen. Deutschland ist dabei einTestfall fuer Westeuropa. Hier wohnen viele Muslime, und zugleich waechst die juedische Gemeinde in Deutschland schneller als jede andere auf der ganzen Welt.
Rassisten wollen der Mehrheitsgesellschaft einreden, ihre Feindschaft gegen Muslime habe mit deren Judenfeindschaft zu tun. Die Gesellschaft sollte nicht so unreif sein, ihnen zu glauben. Vor allem die Juden sollten nicht so toericht sein, Rassisten zu unterstuetzen, bloss weil sie jetzt Muslime angreifen. Der "neue Antisemitismus" der muslimischen Einwanderer ist eine Randerscheinung. Sicher hat der Konflikt im Nahen Osten Auswirkungen auf Europa. Das hat aber weniger mit dem Problem an sich zu tun als mit der unverantwortlichen Haltung eines Teils der europaeischen Presse, der voellig ueberzogene Kritik an Israel uebt. Dabei haette sie jetzt weniger Grund als je zuvor, die israelische Regierung zu kritisieren, da die Koalition unter Ariel Scharon mehr riskiert als jede andere Regierung in der Geschichte Israels. Aber es gehoert zur Logik der alten Rechten und der neuen Linken, eine Minderheit gegen die andere auszuspielen und gegeneinander aufzustacheln. Die Behauptung, die Politik Israels schaffe einen "neuen Antisemitismus" unter den Einwanderern, gehoert zu diesem Spiel. Ja sie ist geradezu eine Wunschphantasie.
Es stimmt: Arabische Medien verbreiten die alten antisemitischen Klischees - die Protokolle der Weisen von Zion, die Maer vom blutsaufenden Juden. Aber eben weil dieser Rassenhass nicht neu ist, darf man ihn nicht als arabisches oder muslimisches Phaenomen betrachten. Macht aus Einwanderern gute Staatsbuerger! Integriert die Muslime, so wie die Juden integriert wurden. Dazu gehoert die Erziehung gegen den Antisemitismus - europaweit. Amerika hatte die Ideologie des Schmelztiegels. Europa muss aber multikulturell und multireligioes sein. In einer Welt der Voelkerwanderungen und einem Europa der vielen Voelker ist der Rassismus nicht nur politisch inkorrekt. Er ist oekonomisch, finanziell und sozial erledigt. Gerade die monotheistischen Religionen, die untereinander gar nicht so verschieden sind, muessen in den Dialog treten. Wenn Juden und Katholiken nach den Kreuzzuegen, der Inquisition und einer zweitausendjaehrigen Theologie der Verachtung nicht nur miteinander leben, sondern sogar engste Verbuendete werden koennen, koennen sie mit jedem anderen auch zusammenleben.
In Deutschland gibt es 130 000 Juden. Bundeskanzler Gerhard Schroeder hat vor dem Auschwitz-Komitee von seinem Stolz gesprochen, dass Juden wieder hier leben. Ich nehme ihm diesen Stolz ab, der auch wichtiger ist als Reue ueber das, was in der Vergangenheit geschehen ist.
Siehe auch:
Juden solidarisieren sich mit Muslimen - Presserklaerung der Deutschen Muslim-Liga Bonn e.V.
Deutsche Muslim-Liga Bonn e.V. - 1426 / 2005
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