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Wo Religionen sich begegnen

Hedwig-Dransfeld-Haus in Bendorf: Ueber 25 Jahre Konferenzen von Juden, Christen und Muslimen


PAULINUS (Bistumsblatt des Bistums Trier) 13/1999
Von Bruno Sonnen (Text) und Eugen Reiter (Fotos)

Staette der Begegnung:
Das Bendorfer Hedwig-Dransfeld-Haus . . .

. . . ist fuer Christen, Juden und Moslems ein Ort des geschuetzten Gespraechs und ungezwungenen Austauschs

"Natuerlich ist Bendorf eine Insel", sagt Professor Jonathan Magonet, "aber es ist auch Modell. Bendorf zeigt, dass Begegnung ueber religioese und sonstige Grenzen hinweg moeglich ist.“

Jonathan Magonet ist Rabbiner, kommt vom Leo-Baeck-College in London und gehoert zu den Pionieren eines Unternehmens, das in Zusammenarbeit mit der "Staendigen Konferenz von Juden, Christen und Muslimen in Europa" seit nunmehr einem Vierteljahrhundert im Hedwig-Dransfeld-Haus (HDH) in Bendorf stattfindet: die Juedisch-Christliche-Muslimische Studentenkonferenz (JCM). Einst gegruendet, um in Europa eine Gelegenheit zur Begegnung zwischen Mitgliedern der drei Glaubensgemeinschaften zu geben, veranstaltet JCM zwei jaehrliche Tagungen im Bendorfer Hedwig-Dransfeld-Haus, eine Fruehjahrstagung fuer Studentinnen und Studenten, Lehrerinnen und Lehrer, Dozentinnen und Dozenten theologischer Disziplinen, Fachkraefte sozialer, paedagogischer, therapeutischer und beratender Berufe sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kirchlicher und religioeser Einrichtungen und am interreligioesen Dialog Interessierter; im Herbst eine spezielle Frauentagung. "Ziel war es dabei nie, Resolutionen zu verfassen“, blickt Magonet zurueck, "uns ging es immer um den Dialog nach innen, das Gespraech und die Begegnung.“ Diese geschuetzte Atmosphaere habe dazu beigetragen, "dass im Lauf der Jahre auch Freundschaften zwischen den Teilnehmern entstanden sind und Themen aufgearbeitet werden konnten, die schwierig sind“, erklaert Schwester Dr. Katherine Wolff, Mitglied der Gemeinschaft "nsere Liebe Frau von Sion (NDS)“, und auch seit vielen Jahren in Bendorf mit dabei. "Waehrend der Intifada haben wir auch darueber gesprochen“, nennt die Sionsschwester aus Jerusalem ein Beispiel; und "auch waehrend des Golfkriegs kamen die Muslime“, ergaenzt Magonet.

"Begegnung mit dem anderen – Herausforderung an uns selbst“ steht in diesem Jahr als Ueberschrift ueber der Zusammenkunft vom 15. bis 22. Maerz in Bendorf, ein Thema, mit dem sich die Teilnehmer unter dem Motto "Tradition und Veraenderung" bereits im dritten Jahr hintereinander beschaeftigen. Grosse Lehrer in Judentum, Christentum und Islam, religioese Erziehung oder Probleme der Verstaendigung zwischen den Kulturen sind Beispiele ganz unterschiedlicher Themen frueherer Jahre.

Die Studienwoche ist gepraegt von in der Regel "nur" drei Vortraegen, Diskussions- und "Murmelgruppen", darueber hinaus wird viel Wert gelegt auf andere Kommunikations- und Ausdrucksformen wie Tanzen oder Malen. Zu den verschiedenen Gottesdiensten sind die Angehoerigen der jeweils anderen Glaubensgemeinschaften als Gaeste eingeladen und koennen daran teilnehmen, soweit sie glauben, dies tun zu koennen. "Gemischte Gottesdienste" gebe es nicht, betont Rabbiner Magonet; immer steht in Bendorf das Bemuehen im Vordergrund, auf die besonderen Beduerfnisse und Sensibilitaeten der teilnehmenden Gemeinschaften, etwa bei Speisevorschriften oder Gebetszeiten, zu achten. JCM verfuegt ueber keine hauptamtlichen Kraefte, vorbereitet werden die Tagungen jeweils von einem Planungsteam, zu dem in diesem Jahr unter anderem Stefan Hartmann von den Pallottinern in Vallendar und Ute Stamm vom Hedwig-Dransfeld-Haus in Bendorf gehoerten. Zwar sind diesmal, anders als in frueheren Jahren, keine Anglikaner bei der Konferenz dabei, "dafuer aber viele junge Leute", freut sich Jonathan Magonet, dem es ein Anliegen ist, dass die Studenten seines Colleges "wenigstens einmal waehrend ihrer Studienzeit" an einer JCM-Tagung in Bendorf teilnehmen.

Wie stark die Tagungen in Bendorf vom Geist der Offenheit und des gegenseitigen Respekts gepraegt sind, wird blitzlichtartig auch in dieser Maerzwoche 1999 deutlich, als Peter Schuett, einer der Referenten des aktuellen Zusammentreffens, Geschichte und Situation von Juden und Muslimen in Deutschland beleuchtet und Ueberlegungen eines Vertreters des Zentralrats der Muslime in Deutschland zitiert, "von den Erfahrungen der Juden in Deutschland zu lernen". Angesichts der Einzigartigkeit des Holocausts haetten sie Schwierigkeiten mit dieser Formulierung, erklaeren juedische Konferenzteilnehmer.

Dass die JCM-Konferenz seit einem Vierteljahrhundert in Bendorf tagt, dass Juden, Christen und Muslime sich im Hedwig-Dransfeld-Haus "zu Hause" fuehlen, ist kein Zufall. Nachdem der Katholische Deutsche Frauenbund das Anwesen am Bendorfer Stadtrand 1925 erworben hatte, wurde das nach der im Maerz 1925 verstorbenen Paedagogin und Politikerin Hedwig Dransfeld benannte Haus vor allem unter der langjaehrigen Leiterin Anneliese Debray (1911–1985) zu einer ueber die deutschen Grenzen hinaus bekannten Staette der oekumenischen Begegnung zwischen Menschen aus unterschiedlichen Laendern und verschiedenen Religionen. Sie gruendete auch den HDH e.V., um dem Ganzen eine tragende Struktur zu geben. Seit der Gruenderzeit darueber hinaus der Muettererholung und der Ausbildung junger Frauen verpflichtet, ist das HDH in Zusammenarbeit mit dem benachbarten Gussie-Adenauer-Haus, einem Muetterkurhaus, bis heute in der Muettergenesung engagiert.

"Das Bistum Trier kann stolz sein, auf seinem Territorium eine solche Einrichtung zu haben", sagt Scheich Bashir Ahmad Dultz, Vorsitzender der Deutschen Muslim-Liga Bonn e. V. und in Bendorf seit vielen Jahren einer der Motoren im interreligioesen Dialog. Anders als der christlich-juedische Dialog sei der juedisch-muslimische Dialog bis heute selten in Deutschland; Bendorf bilde hier eine Ausnahme, sagt Dultz, der deutscher Staatsbuerger ist, als Mitglied eines Beduinenstammes ueber 30 Jahre in Nordafrika lebte, 1983 nach Deutschland zurueckkehrte und die zahlenmaessig kleine Muslim-Liga Bonn durch seine Toleranz und Offenheit zu einem gerade bei Nichtmuslimen stark beachteten Dialogpartner gemacht hat – die unter Islamisten deshalb nicht nur Freunde hat. Auf diese Weise manchmal zwischen allen Stuehlen sitzend, hofft der 1935 in Koenigsberg geborene Dultz dennoch unverdrossen darauf, "dass wir irgendwie zu Frieden finden". Die JCM-Wochen in Bendorf sind in dieser Hinsicht nicht nur Inseln – sie haben Modellcharakter.

aus dem Bistumsblatt des Bistums Trier, PAULINUS, Nr. 13 vom 28. Maerz 1999, S. 16-17



Deutsche Muslim-Liga Bonn e.V. - 1423 / 2002